#photography2050:
David De Beyter

In unserer Serie #photography2050 entwerfen Kurator*innen, Künstler*innen und Autor*innen ihre persönliche Zukunftsvision der Fotografie: Wir schreiben das Jahr 2050 – wie relevant wird das Medium Fotografie dann noch sein? Wie sieht das Foto der Zukunft aus? VON MAGNUS PÖLCHER

6. Mai 2019

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Eins meiner Lieblingsbücher im Bereich der prospektiven Städteplanung ist ohne Zweifel Où vivrons-nous demain? (»Wo leben wir morgen?«) von Michel Ragon, aus dem Jahre 1963. Dieses Buch beschäftigt sich mit der Frage der Stadt der Zukunft in der Architektur. Geschrieben wurde es in einer Zeit, als man, sowohl bei den Vorstellungen möglicher Welten als auch bei der Städteplanung im Raum, für die Ausarbeitung der Szenarien von einer »Tabula Rasa« ausging. Das erwähne ich, weil ich auch die Frage der Fotografie nicht davon loslösen kann, wie die Realität, die Umwelt, in der wir 2050 leben werden, aussehen wird.

#photography2050 ist also von vornherein eine Fiktion. Diese Projektion lädt mich dazu ein, eine starke Differenzierung vorzunehmen zwischen einerseits dem, was wir »Fotografie« nennen könnten, und andererseits einer Welt, die zwangsläufig ein »Bild« wäre. In dem Sinne glaube ich, dass das Bild neue Formen der Wahrnehmung unserer Umwelt, des Anderen und des Wissens verkünden wird. Vielleicht werden sich die Bildtechnologien tief in unserem Inneren verankern und dabei womöglich den Gedanken der »Layers of reality« auf die Spitze treiben – ein wichtiger Begriff für die wissenschaftlichen Ufologen, die über unsere visuelle Wahrnehmungsfähigkeit nachdenken. Betrachtet man jedoch die heutigen Trends der Fotografie, die – entgegen der Fragen der Virtualität in einer dematerialisierten Ära – die Materialität und Spatialisierung des Bildes erkunden, so hoffe ich, dass die fotografische Praxis immer von einer Haltung und einem Engagement geprägt sein wird.

Das Jahr 2050 hat immer weniger mit den imaginären Skylines von Blade Runner und einer benachbarten Trabantenstadt auf dem Mars zu tun; es soll meines Erachtens vielmehr aus einer Dichotomie heraus betrachtet werden: einerseits hat man den Eindruck, dass der Gedanke eines Zeitalters des spekulativen Bildes an Bedeutung gewinnt; andererseits geht es um eine Fotografie der engagierten und reflektierenden Haltungen, eine Fotografie, deren Medium und Geschichte sich durch eine scharfsinnige Wahrnehmung der Vielschichtigkeit der Realität entwickelt haben.

David De Beyter (*1985) ist ein französischer Fotograf. Sein fotografischer Ansatz ist sowohl konzeptionell als auch dokumentarisch. Er erforscht die Grenzen zwischen Realität und Fiktion, wobei seine Arbeiten Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft miteinander verbinden. 2017 war er ein Preisträger bei FOAM Talent und seine Arbeiten waren bereits in verschiedenen Gruppenausstellungen in Frankreich und international zu sehen.













Ich kann die Frage der Fotografie nicht davon loslösen, wie die Realität, die Umwelt, in der wir 2050 leben werden, aussehen wird.

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